In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert begann eine expansive Wachstumsperiode in Florenz. Die Stadtmauer wurde zu einem Hindernis in der Stadtentwicklung. Sie wurde zum grössten Teil abgerissen oder nach Plänen von Giuseppe Poggi durch Boulevards ersetzt. Heute führt eine Umfahrungstrasse auf den Boulevards rund um die Innenstadt. Wer in Florenz wohnt, braucht eigentlich gar kein Auto. Die Stadt ist verkehrstechnisch gut erschlossen. Es fahren regelmässig Busse von den Aussenquartieren und den umliegenden Dörfern, bis an den Rand der Innenstadt. Viele Roller und Fahrräder ergänzen das hektische Treiben auf den Strassen. Aber Achtung: Wer als Fussgänger unterwegs ist, muss sehr vorsichtig sein. Als „Pedoni“ steht man ganz unten in der Hierarchiestufe des Strassenverkehrs und hat dementsprechend weinig Rechte. Überquere also nie eine Strasse, wenn das Signal auf Rot steht!


Zu Beginn der Woche war ich wieder unterwegs. Ausgehend von meiner WG gings in die Innenstadt. Danach über den Fluss ins Oltrarno Quartier, der alten Stadtmauer entlang zur Porta San Frediano. Das Tor, als Teil des sechsten Mauerrings, wurde zwischen 1332 und 1334 an der sehr wichtigen Strasse nach Pisa nach einem Entwurf von Andrea Pisano errichtet. im Gegensatz zum Gebiet nördlich des Arno wurden die Mauern in diesem Bereich nicht abgerissen, um Platz für Alleen zu schaffen, sondern es wurden zusätzliche Öffnungen an den Toren angebracht, um den Durchgang von Personen und Waren zu erleichtern. Die große Holztür mit ihren Riegeln ist original, ebenso wie die schmiedeeisernen Ringe zum Anbinden von Pferden. Die Schlüssel zur Porta San Frediano sind noch heute im Museo Tracce di Firenze im Palazzo Vecchio zu sehen.

Von der Porta San Frediano folgte ich der alten Stadtmauer bis zur Porta Romana. Dieses Tor wurde zwischen 1328 und 1331 im Rahmen der Arbeiten am letzten Mauerring errichtet, von dem noch zwei lange Abschnitte mit dem Stadteingang verbunden sind.

Den Stadtrundgang habe ich hier aufgezeichnet.
Wenn man im Quartier Oltrarno spazieren geht, kommt man irgendwann am Florentiner Renaissance-Palast Palazzo Pitti vorbei. Das Gebäude wurde ab 1458 für den Kaufmann Luca Pitti erbaut. Nachdem Pitti an einer Teilnahme einer Verschwörung überführt worden war und im Gefängnis starb, blieb der Bau für fast hundert Jahre unvollendet. Erst nachdem er 1549 an die Gattin von Cosimo I. de’ Medici verkauft worden war, begann man mit Umbauten, den Erweiterungsbauten und der Anlage des Giardino di Boboli. Ab dem 16. Jahrhundert war der Palazzo Residenz der Herzöge von Toskana und ab 1864 der Florentiner Amtssitz von König Viktor Emanuel III. Im Jahre 1919 trat er ihn an den italienischen Staat ab. Seither ist der Palazzo Pitti mit seiner Gemäldesammlung öffentlich zugänglich.

Neben dem Erlernen der italienischen Sprache und meinen Ausflügen, suche ich oft im Internet nach Sehenswürdigkeiten oder Orte von Ereignissen hier in Florenz, die wenig Aufmerksamkeit erregen und daher nicht stark von Touristen frequentiert sind. Dabei bin ich auf den Begriff “La strage di via dei Georgofili” (Das Massaker von Via dei Georgofili), gestossen.
In einer Seitenstrasse der Uffizien, spielte sich in der Nacht vom 27. Mai auf den 28. Mai 1993 eine Tragödie ab. Niemand ahnte Schlimmes, als um Mitternacht ein Fiat Fiorino in der Via dei Georgofili, abgestellt wurde. Eine Stunde später explodierten 300 kg Sprengstoff und tötete eine vierköpfige Familie, darunter zwei Mädchen, 9 Jahre und 50 Tage alt. Sie wohnten im obersten Stockwerk des Pulci-Turms, der direkt neben dem Museum liegt. 30 Personen werden zudem verletzt. Zu den Opfern zählte auch ein 22-jähriger Student. Der Turm war durch die Wucht der Explosion eingestürzt.
Bald war klar, dass die Mafia für das Attentat verantwortlich war. Inwiefern Politiker mit ihrem Wissen involviert waren, lässt sich nicht mehr klären. Die Mailänder Staatsanwaltschaft klagte viele Politiker der grossen Parteien an. Betroffen war auch die Partei “Democrazia Cristiana”. Ihr Chef, Bettino Craxi, floh nach Tunesien ins Exil.
In ein paar Tagen erinnert sich Florenz zum 29. Mal an die Opfer:
Fabrizio, Angela, Nadia, Caterina und Dario.
Als ich anfangs April mein Zimmer bezog, wurde noch geheizt. Das heisst aber nicht, dass mein Zimmer warm war. Die Heizung wurde zwar abends eingeschaltet, aber der kleine Radiator im Zimmer gab nur sehr wenig Wärme ab. Wenn ich fror, blieb mir nichts anderes übrig, als in der Küche etwas zu kochen, ober frühzeitig unter die Bettdecke zu verschwinden. Mittlerweile ist der Sommer in Florenz angekommen und die Nächte sind nicht mehr so kalt.
Die italienische Grammatik auf der Stufe A1-A2 ist gut lernbar. Schwieriger für mich wird es ab Stufe A3. Wenn ich die ersten beiden Stufen beherrsche, komme ich sehr gut zurecht. Die Verständigung macht mir eher zu schaffen. In der Schule sprechen die Lehrpersonen betont deutlich und langsam, was gut verständlich ankommt, während die Menschen auf der Strasse, für mein Verständnis, eher zu schnell sprechen oder viele Wörter einfach verschlucken. Oft muss ich nachfragen, wenn ich nicht alles verstanden habe. Danach wechseln sie ins Englische. Non hanno pazienza!
Ein Erlebnis der besonderen Art hatte ich heute auf dem Markt. Weil es im Supermarkt kein dunkles Brot mit Salz gab, versuchte ich es auf dem Wochenmarkt. Also ging ich zum Bäckerstand, stellt mich neben einen älteren Herrn, und verlangte ein dunkles Brot mit Salz. Daraufhin erklärte mir der Verkäufer, in der ganzen Toskana werde kein dunkles Brot mit Salz verkauft. Salz sei nur im weissen Brot enthalten. Der ältere Herr neben mir wendete sich zu mir, griff mit der Hand in seinen Schritt und sagte:
Il sale non fa bene alle uova!
Nun, so habe ich das noch nie gesehen!