Florenz – lezter Wochenbericht

Florenz war neben Paris, Bologna und Mailand, einer der ersten Städte, die den Ausbau von Strassen vorantrieben. Mit der Entwicklung des Gewerbes und des Handels und durch die Ablösung des Tauschhandels durch die Geldwirtschaft zum Ende des 12. Jahrhunderts entwickelte sich zunächst in den wirtschaftlich starken Städten der Straßenbau. Der Wegezoll wurde für die jeweiligen Herrscher eine bedeutende Einnahmequelle. Daraus entstand das Sprichwort „Das Geld liegt auf der Strasse“.
Auch heute noch sind viele Strassen, Gassen und Plätze in der Innenstadt mit Pflastersteinen oder Platten belegt. Diese sind dann oft in einen unebenen Untergrund eingelassen, wackeln oder heben gar vom Untergrund ab. Und so ist es kein Wunder, wenn Jung und Alt, mit einem prüfenden Blick auf den Boden, vorsichtig über die Plätze marschieren.

Immer schön schauen, wo man hintritt – Touristen auf der Piazza della Santissima Annunziata

Heute lebt in der Innenstadt von Florenz nur noch der kleinste Teil der knapp 390’000 Einwohner, denn die Wohnpreise gehören inzwischen zu den teuersten ganz Italiens. Daher trifft man Florentiner nur noch in der Innenstadt, wenn sie dort zur Arbeit gehen. Gesehen habe ich bis heute eher ältere Leute, die ihre frisch gewaschene Wäsche an Leinen am Fenster entlang aufhängen. Hie und da schauen sie herab auf die Gassen und beobachten die Touristenströme, die an ihren Häusereingängen vorbeiziehen. Und sind dabei nicht immer glücklich.
Viele Touristen kaufen sich etwas zu Essen bei den zahlreichen Imbissläden, setzen sich auf Kirchentreppen und oder Randsteine, um ihr Eingekauftes zu essen. Den Abfall lassen sie dann liegen. Es gibt Ladenbesitzer und Kirchendiener, die regelmässig Treppen und Randsteine mit Wasser abspülen, um zu verhindern, dass sich die Leute setzen.
Die Stadtverwaltung hatte 2018 reagiert. Das Essen auf offener Straße wurde nun in vier Abschnitten der Stadt zu bestimmten Zeiten schlichtweg verboten. Das Zu-sich-Nehmen von Speisen in der Via dei Neri, Piazzale degli Uffizi, Piazza del Grano und Via della Ninna von 12 Uhr bis 15 Uhr und von 18 Uhr bis 22 Uhr auf offener Straße untersagt. Wer sich nicht daran hält, muss mit einer Geldstrafe von bis zu 500 Euro rechnen. Ob nach vier Jahren die Verordnung immer noch aktuell ist, entzieht sich meiner Kenntnis.

Overtourism In der Via dei Neri

Der Sommer ist in Florenz angekommen. Seit mehrere Tage schon haben wir Temperaturen bis 30 Grad. Wer nicht muss, geht nicht nach draussen. Frühaufsteher und Sportler sind oft am Vormittag unterwegs, wenn die Luft noch halbwegs kühler ist. Eigentlich sind die Monate Juli und August die heissesten Tage in der Toskana. Aber im Augenblick haben wir Mai. Und nächste Woche werden Temperaturen von 38 Grad erwartet.
Der letzte Hitzesommer war 2017. Meine Gastgeberin erzählte mir von Nächten, in denen das Thermometer nicht mehr unter 25 Grad sank. Und dies mehrere Monate lang. Weil sie keine Klimaanlage hatte, wickelte sie sich oft in ein nasses Leinentuch ein, um halbwegs ein wenig Schlaft zu finden.

Heute am 2. Juni feiert Italien seinen Nationalfeiertag. Mit der Unterzeichnung der Kapitulation der deutschen Armeen in Italien am 29. April 1945 ging in Italien der 2. Weltkrieg zu Ende. Aber für die Italiener war es nicht nur das Ende des Krieges, sondern auch das Ende des Faschismus und von Mussolini, der von 1922 bis 1943 in ganz Italien, und am Ende des Krieges, bis 1945, noch in einer norditalienischen Restrepublik herrschte, die allerdings völlig von den deutschen Besatzern abhängig war.
Am 2. und 3. Juni 1946 fand gleichzeitig mit der Wahl zur verfassunggebenden Versammlung die Volksabstimmung über die Frage Monarchie oder Republik statt. Dabei stimmten 54,3 Prozent der Italiener für die Republik. Zum ersten Mal durften auch die Frauen an der Abstimmung teilnehmen.

Diese Woche ist meine letzte Woche in Florenz. Ich werde vor meiner Abreise die Gelegenheit nutzen um zu Waschen und das Zimmer in Ordnung bringen. Die nächste Studentin wartet schon auf den Einzug. Gestern habe ich den kühlen Vormittag ausgenutzt und bin nochmal raus aus der Stadt. Über die Ponte Vecchio, hinauf zur Forte di Belvedere, hinaus in das hügelige Hinterland.

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